Autor: Dreyer, Friedrich, Meyer-Wimmer, J., Meyer, Johannes
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wären sie einander in die Haare gefahren. Zwei thörichten Gänserichen gleich, gingen sie den ganzen Tag aneinander vorüber. Der des Vorsingens pflog, das war Friederich."
Feste Da sich die Festlichkeiten meistens nach den Jahreszeiten richteten
Bürger, und vielfach noch aus der germanischen Heidenzeit stammten, so zogen sie auch nicht nur den Landmann für einige Stunden aus seiner mühseligen Tagesarbeit heraus, sondern ergriffen mit derselben Kraft auch den Bürger, der hinter den hohen Stadtmauern den Kampf ums Dasein
Malfest, führte. Noch immer übte die altgermanische Maifeier ihre zauberische Wirkung auf die Gemüter aus. Der Winter, der grimme Riese, liegt int harten Kampfe mit dem jugendsrohen Lenz, der als Sonnensohn mit milder Gewalt alle Herzen erobert und zu seinem Beistände aufruft. Willig folgen sie dem freundlichen Rufe, waffnen sich und schmücken Haupt und Schultern mit den Farben ihres Heerführers, der zu Kränzen und Gewinden überall Blumen und Laub freigebig darbietet. Zum nahen Walde geht der Zug der fröhlichen Menschen, die dort allerlei Scheinkämpfe veranstalten und endlich als Sieger, geschmückt mit den Zweigen des Maibaumes, jubelnd heimkehren. Aus dem Walde ist ein hoher Baum mit fortgeführt. Auf freiem Platze wird er abgeschält, mit einer grünen Krone, an welcher bunte Bänder flattern, geschmückt und dann aufgerichtet. Unter diesem Baume beginnt nun ein munteres Treiben, Knaben und Männer führen mancherlei Leibes- und Waffenübungen aus, ringsum erschallen die Töne des Reiens, der bald alles in seinen Bannkreis zieht.
Schüt- Ein bei den Bürgern ganz besonders beliebtes Fest war das Frei-schießen. Dasselbe ist aus den Waffenübungen hervorgegangen, welche die Bürger anstellten, um ihre Wehrfähigkeit zu stärken und zu mehren. Auch die Fürsten veranstalteten Schieß- ober Schützenfeste, da sie sehr bald erkannten, wie mächtig die kriegerische Thatkraft dadurch gefördert wurde. Die große Mehrzahl der Festteilnehmer bestand aus Bürgern, und wenn Fürsten und Edle mitfeierten, so wurden sie unter die Fahnen d. h. Abteilungen der Bürger gestellt.
Wollte eine Stadt ein Schießen abhalten, so ließ der Rat die Nachbarstädte, oft in sehr weiter Runde durch besondere Boten dazu einladen. In dem Ausschreiben, das dieselben überreichten, wurden auch die Bedingungen des Freischießens ausgezählt, bei dem Feuerrohr die Schwere der Kugel, bei der Armbrust der Umfang des Bolzens durch einen dem Briese aufgeklebten Pergamentring genau bestimmt,
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Autor: Meyer-Wimmer, J., Dreyer, Friedrich, Meyer, Johannes
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Verwüstung, von dem verheerenden Kriege verursacht. Die meistens nngepflasterten Straßen und Plätze wurden von Häusern begrenzt, die zum Teile aus Holz erbaut und mit Rauchfängen aus Stroh und Lehm versehen waren. Auch gab es viele verfallene Lehmhütten, gedeckt mit Rohr oder Stroh. Häufig waren die Viehställe nach der Straße zu erbaut, die Düngerhaufen lagen neben den Ställen, und vor den Häusern war der Kehricht aufgehäuft. Auf den ungepflasterten Straßen wühlten die Schweine. Straßenbeleuchtung gab es gar nicht.
Der vierte Teil der Häuser war durch das Kriegselend seiner Bewohner beraubt, sie standen verödet und baufällig da. Das Aussehen der andern Häuser zeugte davon, daß der Krieg den Bewohnern jegliche Lust zur Verbesserung und Erhaltung des Eigentums benommen hatte.
In der Nähe des Schlosses befanden sich wüste oder snmpsige Plätze; das Schloß selbst war in einem so baufälligen Zustande, daß Friedrich Wilhelm seine Residenz darin nicht aufschlagen konnte, sondern zunächst in Küstrin Hos halten mußte. Als nun das Schloß in einen bewohnbaren Zustand versetzt werden sollte, ergab es sich, daß unter den Bürgern Berlins kein Steinmetz und kein Baumeister zu finden war, und weder Berlin, noch die andern Städte der Mark das erforderliche Baumaterial liefern konnten. Aus Holland kamen Baumeister, und aus Hamburg wurde Baumaterial bezogen. Nur die notwendigsten Reparaturen waren ausgeführt und wenige Zimmer wohnlich eingerichtet, als das kurfürstliche Paar das Schloß bezog.
Unter der Leitung des holländischen Baumeisters Memhardt wurde das Schloß in den folgenden Jahren, nachdem ein Fonds zum Schloßbau ausgesetzt war, weiter repariert, und auch äußerlich erhielt es ein würdigeres Aussehen. Die Umgegend des Schlosses war nach Jahren nicht wiederzuerkennen. Wo man sonst Sümpfe mit verkrüppelten Weiden und wüste Plätze gesehen hatte, erfreuten das Auge prächtige Garten-anlagen, durch Gärtner aus Holland kunstreich hergestellt. Marmorstatuen schmückten diesen Lustgarten, ein Springbrunnen verbreitete im Sommer erfrischende Kühle. Nach Norden schloß den Lustgarten ein halbkreisförmiges Pomeranzenhaus ab. Die Kurfürstin Dorothea gründete einen neuen Stadtteil, die Dorotheenstadt, und pflanzte selbst den ersten Baum jener schönen vierfachen Lindenallee.
Das kurfürstliche Vorgehen wirkte. Nicht nur in Berlin ließen wohlhabende Bürger nach und nach stattliche Häuser erbauen, sondern im Lande wurde auch die Gartenkultur gehoben, und manche Herren
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Er-
hebung
Preir-
ßens
zum
Köuici-
reich.
vom Adel ließen auf ihren Gütern nach dem Muster des Lustgartens schöne Parkanlagen einrichten.
Die Wirkung des Beispiels unterstützte der Kursürst gewöhnlich durch Verordnungen; so auch hier. Als 1665 der von ihm in der Breitenstraße erbaute Marstall neben den angrenzenden Däusern ab-biannte und sich beim Löschen des Brandes die Feuerlöscheinrichtungen als ganz unzureichend erwiesen, erließ der Kursürst eine neue Feuerordnung und verpflichtete die Bürger, die Schornsteine nicht mehr aus Lehm oder Holz, sondern aus Backsteinen herzustellen. Es erschien ferner eine Verordnung, nach welcher vor jedem dritten Hause abends eine Laterne ausgehängt werden solle. Hiermit war der Anfang einer regelmäßigen Straßenbeleuchtung gemacht. Die Pflasterung der Straßen, auf welchen bisher die Schweine gewühlt hatten, wurde geboten und überhaupt für bessere Pflasterung gesorgt. Die Viehställe durften nicht mehr nach der Straße zu erbaut werden. Es wurde verboten, den Kehricht auf die Straße oder in die Spree zu werfen. Angestellte Gassenmeister mußten darüber wachen, daß der Unrat aus der Stadt gefahren wurde. Der Kursürst drohte: „Wer den Unrat auf die Straße werfe, dem soll er wieder ins Haus geworfen werden; wer unsittlicher» weise die Straße verunreinige, solle an den Pranger kommen, Kinder dafür mit der Rute bestraft werden." Der Magistrat wurde angewiesen, über prompte Ausführung der kurfürstlichen Bestimmungen zu wachen. So weckte der Kurfürst den Sinn für Ordnung, Sauberkeit und Anmut und erhob seine Unterthanen aus eine höhere Stufe der Civilisation.
Des Großen Kurfürsten Bemühen wurde reichlich gesegnet. Die Bevölkerung Berlins stieg während seiner Regierung nicht nur von 6500 auf 20000 Einwohner, sondern die Berliner zeichneten sich nach und nach gegen früher sehr vortrefflich aus durch Betriebsamkeit, Wohlstand und Streben nach höherer Bildung. Die Stadt selbst hatte ein schönes Kleid angelegt. Reisende schilderten Berlin als eine schön-gebaute Stadt. Der Franzose Patin, welcher im Jahre 1676 nach Berlin kam, urteilte: „Alle Beschwerden waren vergessen, als ich Berlin zu sehen bekam. Alles erschien mir so schön, daß ich mir eine Öffnung im Himmel dachte, von wo die Sonne ihre Wohlthaten auf die Erd-strecke ausbreitet."
Den hohen Ausschwung, den die hohenzollernfche Monarchie unter dem Großen Kurfürsten genommen, wollte der Nachfolger auch seiner-
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Schreiten wir über die breite, hochgewölbte Brücke dem betürmten Thore zu, von dessen kegelförmigem Dache die Birkensträucher gleich einem Helmbusche herabwehen, so begrüßt uns ein Stadtsoldat, ein Individuum einer Species, die längst zu den Toten gehört, — bunt uniformiert, die Nase bereits ein klein wenig rötlich gefärbt, denn schon giebt's gebrannte, magenstärkende Wasser im deutschen Reiche. In einzelnen Teilen des Vaterlandes befand sich damals schon im Thore die Accise, eine Einrichtung der Obrigkeit, auf welche man in früheren Tagen nur mit dem Schwerte, mit wildempörtem Aufstande aus der Mitte deutscher Bürgerschaften zu antworten gewußt hatte. Holprig ist die Straße, die uns ins Städtlein führt. Aber der Anblick der niederen Häuser in den engen Straßen und an den weiten Plätzen ist ein überaus freundlicher und sauberer. Man liebt die „Proprete“: — weiße Vorhänge drinnen, — grüne „Jalousies“ hier außen; — dort ein wunderlich verkröpfter Giebel, hier ein gradlinig Haus nach neuer Art, die weiß gestrichene Bank auf dem abschüssigen Pflaster vor der Thür, ein Nelkenstock und eine Tulpenzwiebel dort am Fenster, — wie sieht das alles uns so freundlich und so heimlich an!
Die Zeugen der Vergangenheit, die alten, dunkelbraunen, dunkelgrauen Kirchen, die Klöster mit den weiten, aber fchnöde verbauten Kreuzgängen, in welchen sich zur Freistunde die Jugend der lateinischen Schule tummelt, sehen auf die neue Welt herab; — ihnen selbst, den Denkmälern einer ruhmvollen Vergangenheit, wird kaum ein Blick geschenkt! Nur der Herr Stadtschreiber kümmert sich vielleicht etwas um die Vorzeit des Gemeinwesens; er zeichnet die gar nicht „unebenen" Kunstwerke in einem „Catalogo monumentorum“ auf; er sammelt auch die alten „Briefe" der Stadt, die der radikal „neugesinnte" Herr Stadt-Präsident nicht übel Lust hatte, zum Buchbinder oder zum Materialisten an des Marktes Ecke hinzusenden. Dort das Rathaus ist neu gebaut, „auf die jetzt übliche jonische oder toskanische Art"; es bildet mit seinen sauberen Sälen nun den Stolz der Stadt. Das alte Augustinerkloster dort aber an der Stadtmauer, das zerfällt; die Armen wohnen drin und machen, was sie wollen; es ist ein Steinbruch für die ganze Stadt, und nur zwei herrliche Portale bleiben übrig, um der Stadt dereinst die Kunde zu bringen, daß die deutsche Baukunst auch einst in ihren Mauern herrlich schön entfaltet war.
Reinlichkeit und Ordnung aber herrscht überall; das ist der große Vorzug dieser Zeit! In hellen Farben leuchten die Häuser, sauber
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etwa noch einen guten Frennd hätten, so möchten wir denselben nur holen lassen; denn mit uns habe es keine Not weiter. Wir schickten daraus unsere Magd in der Begleitung des einen Leibschützen nach der Katharinenkirche, wo sich der Magister Gravius versteckt hatte; aber er war dort weder zu sehen noch zu hören, und so kehrten denn beide unverrichteter Sache zu uns zurück.
Bald darauf kam unser Oberst wieder vor das Haus geritten, fragte, ob wir noch guten Frieden hätten, und hieß uns guten Mutes fein. Sogleich aber kam er zurückgesprengt und sagte: ,Frau, faffet mein Pferd beim Zügel und Euren Herrn bei der Hand und führet mich zur Stadt hinaus, oder wir müssen alle verbrennen!' Denn das Feuer nahm gewaltig überhand; schon brannte das schöne und große Hans des Bürgermeisters Schmidt lichterloh und hinter unserer Kirche stieg es auf, — ein großer, schwarzer Rauch!
Wir warfen nun alles noch Vorhandene, auch meinen schönen, warmen r-chlafpelz, den ich hinterher schmerzlich vermißte, und meine teure Hausbibel in den Keller, machten denselben zu und beschütteten die Thür mit Erde. Meine Frau nahm einen Ehorrock von mir über die Achsel, unsere Magd das vor dem Hause stehende Kind unseres Nachbars, welches sonst im Feuer umgekommen sein würde, auf den Arm und wanderten davon. Meine Frau hielt des Obersten Pferd beim Zügel gefaßt. Als wir endlich vor die Stadt in das Lager kamen, hatten wir viel Lästerung, Hohn und Spott von den Soldaten anzuhören, verschmerzten es aber. Nachdem wir ein wenig aus dem Gewirre und aus dem Tode ins Leben gekommen waren, sprach der Oberst: ,Frau, ich habe Euch und Eurem Herrn das Leben gerettet, — was könnet Ihr mir nun geben'?6 Wir antworteten, unser Gold und Silber sei von uns versteckt; hoffentlich werde man es so leicht nicht finden, er solle alles haben! Er lachte dazu! Das Gezelt des Obersten aber war vor dem Rothenseeschen Holze errichtet; dort wurden wir mit einem Becher Weines erquicket. Gegen Abend traf dort auch der Koch unseres Retters mit dem Dr. Olvenstedt ein; letzterer war so übel zugerichtet, daß wir ihn nur an der Sprache erkannten. Ich tröstete ihn, als in der Nacht seine Schwäche so zunahm, daß sie sein Ende befürchten ließ, allein er erholte sich wieder und erwies mir den gleichen Liebesdienst, als ich tags darauf erkrankte.
Am späten Abende mußten wir bei unserm Obersten speisen; es ging wohl alles prächtig zu; uns aber schmeckte weder Essen noch
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System aber an die Stelle, welche Schweden allmählich verloren gegangen war.
Während seit alter Zeit das sächsische Fürstenhaus vorzugsweise den Berus und die Macht gehabt hatte, den Übergriffen der kaiserlichen Gewalt in Deutschland einen Damm entgegenzusetzen, und während seit der religiösen Spaltung des deutschen Vaterlandes Sachsen zugleich als Vorhut für die evangelische Sache aufgetreten und anerkannt war, hatte nach und nach das frisch ausstrebende Brandenburg dem älteren Nachbarstaate diese doppelte Rolle streitig gemacht. Zwar schien es, als sollte Sachsens Macht und Ansehen noch einmal einen höheren Aufschwung nehmen, als die sächsischen Fürsten zugleich den Thron des Königreichs Polen bestiegen; aber teils wurden sie hierdurch nur in die Wirren des tief zerrütteten polnischen Staates mit hineingezogen, teils gaben sie durch ihren Übertritt zum katholischen Glauben jetzt vollends ihre frühere Stellung unter den protestantischen Fürsten auf, welche nun für immer den Hohen-zollern unbestritten blieb. Diese hatten, um auch an äußerem Ansehen hinter den sächsischen Fürsten nicht zurückzustehen, auch ihrerseits die Königswürde angenommen. Erst der große Friedrich aber vernichtete durch den Siebenjährigen Krieg alle Nebenbuhlerschaft des früher so einflußreichen Sachsens; denn während er selbst den Riesenkamps gegen eine unvergleichliche Übermacht mit Ruhm und Ehre bestand, hatte er mit Sachsen leichtes Spiel gehabt; fast das ganze Kurfürstentum war während des größten Teils des Krieges in seinen »änden gewesen, und nur seiner großen Mäßigung war es anzurechnen, daß er beim Friedensschlüsse keinen Anspruch an das sächsische Hans erhob. Seitdem konnte weder Sachsen noch ein anderes deutsches Haus ferner Preußens Übergewicht in Deutschland entgegentreten oder ihm die erste Stelle nächst dem Kaiserhause bestreiten, so schwer es auch den meisten fiel, diese neue Machtstellung des ehemaligen „Markgrafen von Brandenburg" gelten zu lassen.
Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch unter den großen europäischen Mächten errang Friedrich eine wichtige Stellung für sein Land: Preußen, welches durch den Großen Kurfürsten zu einer europäischen Macht geworden war, wurde durch den großen König zu einer europäischen Großmacht emporgehoben. Das Genie des großen Königs vor allem war es, was ihm und seinem Staate allgemeine Achtung und gewichtigen Einfluß er-
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bauten Brandenburger Thor. Das Wirken dieser Künstler reichte zwar nicht in eine spätere Zeit hinein, es fußt aber dennoch auf dem klassischen Geist des Ansangs unseres Jahrhunderts.
In dieser Zeit klassischer Thätigkeit aus allen idealen Gebieten bereitete sich auch aus dem Felde materiellen Schaffens ein merkwürdiger Umschwung vor. In allen größeren deutschen, Städten grisf gegeu Ende des achtzehnten Jahrhunderts ein 3"-e bedeutsames Streben nach Vergrößerung und Verschönerung, eine fröhliche B a u l u st Platz. Die Stadtthore fielen an manchen Orten und wurden durch Gitter ersetzt. Man begann Billen außerhalb der Städte zu errichten, oft in griechischem Stile. Von B e r l i n wurde im letzten Jahre des Jahrhunderts geschrieben:
„Die meisten Straßen find geräumig, breit und die Häuser selbst über vier Etagen hoch. Auch an freien und offenen Plätzen mangelt es nicht. Man empfindet daher das Drückende der Luft in denselben nicht, was in Wien, Hamburg und anderen Städten, mo Menschen und Häuser so sehr auf einen kleinen Raum zusammengedrängt sind, das Einatmen beschwerlich macht. Die breiten Straßen und die im ganzen schöne Bauart der Häuser geben Berlin ein äußeres Ansehen, wie es wenige große Städte haben. Die Wilhelmsstraße, welche fast ganz mit Palästen bebaut ist, die Leipzigerstraße, die Linden u. s. s., sowie die vortrefflichen Plätze, der am Opernhause, der Gendarmenmarkt, der Lustgarten, der Wilhelms- und Dönhofsplatz u. s. f. erregen die Bewunderung der Fremden."
Zn dieser äußeren Pracht stand die innere A n s st a t t n n g schon lange in keinem richtigen Verhältnis mehr. In den schönsten Häusern und Palästen waren die Geräte, soweit nicht das Ausland sie geliefert hatte, von der größten Einfachheit, ja Dürftigkeit. Die Kunst stieg nicht zu den Bedürfnissen des gewöhnlichen Lebens herab, und das Handwerk erhob sich nicht zu künstlerischer Anffafsuug. Eine Ausnahme bildeten noch die Gold- und Silber-fchmiede von Augsburg und Nürnberg, die jedoch schönere Werke meist nur für die Höfe und Kirchen zu liefern hatten, die Bernsteinarbeiter in Preußen, Holzschnitzer an verschiedenen Orten, Verfertiger von Ledertapeten in jenen beiden Städten, von Papiertapeten in Leipzig, die Schwarzwälder Uhrenmacher, die Weber und Sticker von St. Gallen und Umgegend.
Im ganzen verfiel das 5) a n d w e r k mehr und mehr. Die schon erwähnte, im Jahre 1731 durch den Reichstag vollendete
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gefühlt, jetzt vertiefte man sich in die Werke Goethes und fühlte sich durch das ihnen innewohnende Gefühl mächtig angezogen. Man vergaß darüber die Gleichgültigkeit des Dichterfürsten gegen die Freiheitsbewegung und sah nur noch in ihm den Dichter, der es wie keiner sonst verstand, die Saiten des deutschen Gemütes anzuschlagen. Die durch die Forschungen Winckelmanns und anderer wieder nenbelebte Antike weckte auch das Verständnis für die klassische Formenschönheit Goethescher Tramen und Verse. Überall, auch in Preußen, erwachte ein wahrer Goethekultus. Mau kann es verstehen, denn wie ein Titan überragte der alternde Goethe noch immer alle seine Genossen auf dem Parnassns. Tie Zeit der Erfindung der Schnelldruckpresse (1817) sah zwar eine ganze Flut von neuen, ost nicht unbedeutenden litterarischen Erzeugnissen über Teutschland sich ergießen, aber dennoch fand sich keiner, der würdig in die Fußstapfen Goethes getreten wäre.
Neben Goethe behaupteten die Romantiker ihren Einfluß auf das deutsche Volk. Sie hatten sich hohe Verdienste um die Ausbildung eines nationalen und christlichen Sinnes gegenüber dem weltbürgerlichen Rationalismus, um eine volkstümliche Form der Litteratur erworben, aber ihre Vertreter verloren sich immer mehr in sormlose Phantastereien. Tie leselustige Generation las mit Vorliebe die Werke der G e-b r ü d e r A. W. und W. Friedrich von Schlegel, die Novellen des Berliner Handwerkersohnes Ludwig T i e ck , die anmutige Erzählung „Lichtenstein" des geistvollen, leider zu früh geschiedenen W. Hauff, die Dichtungen von Novalis (F. von Hardenberg), „Sternbalds Wanderungen" von dem sehr jung verstorbenen Berliner Wackenroder. Den Stammtisch der Weinhandlung von Lutter und Wegener am Gendarmenmarkt zu Berlin belebte E. Th. Amadeus Hoffmann mit der Erzählung seiner phantastischen und gespenstischen Geschichten. Und wenn auch Achim von Arnim immer sonderbarer wurde, und de la Motte Fouque sich mehr in die Welt der Wasser-geiiter und anderer Geschöpfe versenkte („Undine"), so schenkten sie doch im Verein mit Brentano der deutschen Nation ein köstliches Werk: „Des Knaben Wund er Horn." Das deutsche Volkslied war durch sie wieder zu Ehren gebracht. Bald tönten Deutschlands Straßen, Berge und Thäler von den schönen, deutscheu Volksliedern wider, die fröhlich wandernde Handwerks-
Dte
Roman-
tiker
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Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Römermantel abgeworfen und der Natur und Wahrheit Raum gegeben," brachte damals unsterbliche Werke hervor, die, wie Rauchs Reiterstatue Friedrichs des Großen, selbst Schadows, des Begründers jener realistischen Richtung, vortreffliche Leistungen (die Siegesgöttin auf dem Brandenburger Thor, die Statuen Zieteus und des alten Deffaners) noch übertrafen; Tieck, Kiß, Drake, Bläser eiferten mit Glück diesen Meistern nach; keine deutsche Stadt hatte nun schon so viele und ergreifende Bildhauerwerke aufzuweisen als Berlin. Und ein großer Teil davon verdankt der Anregung dieses Königs fein Entstehen. Überall sorgte er für die Erhaltung oder Wiederherstellung vorzüglicher historischer Monumente. Ihm am meisten verdankt man den Neubau des Kölner Doms, und auch um die Wiederherstellung des Marienburger Ordensschlofses hat er sich verdient gemacht, wenngleich dieselbe allerdings schon unter feinem Vater begann und zumeist durch Beiträge der Kreise und Städte, sowie vieler Privatleute der Provinz Preußen unter Führung des Oberpräfideuteu von Schön zustande kam. Auch der Mufik, zu deren Meistern damals die Berliner Albert Lortzing und Jakob Meyerbeer, sowie der oft in Berlin wirkende Felix Mendelssohn gehörten, wandte der König viel Teilnahme zu. Ebenso der Poesie; neue Blüten trieb sie damals freilich wenige, — wir erinnern nur an Ferd. Freiligrath, Hoffmann v. Fallersleben, Gottfr. Kinkel, Em. Geißel — und nicht alle waren so erquicklich, wie die historische Romandich-tuug des heimatfrohen Wilibald Alexis, des preußischen Walter Scott. Feinen Sinn hatte der König auch für landschaftliche Schönheiten; wie damals der Fürst Hermann Pückler, der Meister der Landschaftsgärtnerei, aus dem sandigen Muskau den herrlichsten Park der Welt geschaffen, so wollte Friedrich Wilhelm die ganze Umgegend von Berlin und Potsdam in einen Garten umwandeln, und mit Hilfe des Gartenbaudirektors Sinne hat er wenigstens zum Teil die Aufgabe wirklich gelöst.
Aber wenn er die Grazien liebte, so ehrte er nicht minder die ernsteren Musen. Um berühmte Gelehrte zu erobern oder festzuhalten, überwand er oft fein Mißfallen über deren politische und kirchliche Gesinnung, und so war es zum Teil sein Verdienst, daß in Preußen die Wissenschaft so würdig vertreten war wie fast nirgends in der Welt; da lehrten die Gebrüder Jakob und Wilhelm Grimm, Bopp, Pott, die Gründer der
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Extrahierte Ortsnamen: Drake Berlin Marienburger_Ordensschlofses Berlin Berlin Potsdam
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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mit geschmackvollen Portalen und Balkönen geschmückt, bis zu vier Stockwerken hoch sich erheben. Freilich das Pflaster der Straßen ist noch in recht schlechtem Zustande, und auch die Sauberkeit läßt trotz aller königlichen Edikte und Maßnahmen noch vieles zu wünschen übrig. Wenn es auch nur einen Tag geregnet hat, wird es für Fußgänger an vielen Stellen schwer, mit Schuhen durchzukommen. Vergebens aber späht man nach eigentlichen Schmuckplätzen. Zwar fiudeu sich einzelne große Plätze, aber sie sind meist sandige Exerzier- und Paradeplätze für einzelne Regimenter der Garnison; nur der Wilhelmsplatz ist kürzlich mit den Bildsäulen der Generale Schwerin, Winterfeldt, Keith und Seydlitz geschmückt worden, und aus dem Gendarmenmarkte erheben sich zu den beiden Seiten des französischen Schauspielhauses die mächtigen Kuppeltürme vor der französischen und der neuen Kirche. Selbst auch der durch stattliche Gebäude abgegrenzte Opernplatz am Ende der Linden ist sandig. In früheren Jahren konnte man hier den großen König, von einzelnen seiner Generale begleitet, oft zur Mittagszeit erblicken, wie er vom Pferde herab mit scharfem Auge die vorüberziehenden Wachen seiner Garnison musterte. Seit Friedrich Wilhelms I. Tagen ist auch der Residenzstadt Berlin immer mehr der Stempel einer Garnisonstadt ausgedrückt: unter seinen 147 000 Einwohnern ist eine Militärbevölkerung von etwa 40 000 Seelen, d. 1). grauen und Kinder der Soldaten mitgerechnet. Freilich ist es daneben den Bemühungen Friedrichs des Großen gelungen, wie im Lande überall, so auch in Berlin Handel und Industrie zu heben; Berlin ist auf dem besten Wege, eine Fabrikstadt zu werden. Bereits sind Tausende von Arbeitern mit der Herstellung von Tuch, wollenen und baumwollenen Stoffen, Porzellan <königliche Manufaktur) und anderen Jndustrieerzeugnissen beschäftigt.
Seit den Tagen Friedrichs I. sind viele Prachtbauten in der Residenz entstanden. Durch Schlüters geistvolles Schaffen und Eosander gen. Gothes Meisterschaft ist der Prachtbau des königlichen Schlosses emporgewachsen; nur an der Spreeseite erinnern noch die Türme und die Mauern an das alte Schloß. Auch in der Umgebung desselben hat sich manches geändert; auf der steinernen „langen Brücke" erhebt sieh in majestätischer Einfachheit das durch Schlüter geschaffene Denkmal des Großen Kurfürsten. Der Schloßplatz, auf dem zur Zeit des Weihnachtsmarktes ein tolles und reges Leben herrscht, ist bedeutend erweitert; der alte zweitürmige Dom ist verschwunden. Friedrich Ii. hat ihn abbrechen und dafür den neuen Dom am Lustgarten ausführen lassen. Die Särge der Kurfürsten find hierhin übergeführt worden, und bei dieser Gelegenheit hatte Friedrich an dem geöffneten Sarge des Großen Kurfürsten die Worte ausgerufen: „Messieurs, der hat viel gethan." Ja, ohne des Großen Kurfürsten Wirken wäre auch Berlin nicht zur Königstadt emporgestiegen. Freilich, so manches ist seit den Tagen dieses gewaltigen Regenten in der Umgebung des Schlosses geändert. Noch erheben sich dasselbe Marstallgebäude und dieselben Privatgebäude dein Schlosse gegenüber; noch klappern in der Nähe des Schlosses die Räder der Werder)chen Mühlen; aber der Packhof ist weiter nördlich verlegt, und wo sich einst die Kavaliere des Großen Kurfürsten
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Extrahierte Personennamen: Keith Friedrich Wilhelms_I. Friedrichs Friedrichs_I. Gothes Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Berlin Berlin Berlin